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Der Mensch

Licht und Schatten

Helmut Lauschke

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Belletristik/Erzählende Literatur

Beschreibung

Die junge Frau hatte sich das Kleid über die leere Schulter gezogen. Es drängte sie, den Gipsraum zu verlassen, und hielt die Türklinke mit der linken Hand gefasst. Dr. Ferdinand hatte seine Eintragung in den Gesundheitspass gemacht, ihr den Monat der nächsten Nachuntersuchung gesagt und in den Pass geschrieben. Sie nahm den Pass, öffnete die Tür und ging, weil sie sich von diesem Arzt, der ihr das Leben abgeschnitten hatte, nicht länger aufhalten lassen wollte. Dr. Ferdinand ließ sie gehen, unterließ jedes weitere Wort, das ihr Gehör nicht mehr gefunden hätte, setzte sich erschöpft für einige Augenblicke auf die Liege im Gipsraum, war zutiefst erschüttert und rang nach einer Erleuchtung. Die Erleuchtung blieb aus, und er ging geschlagen zum Untersuchungsraum zurück. Ein kleines Bastkörbchen, aus Palmenblättern geflochten, stand auf dem Tisch, und eine alte Frau saß auf dem Schemel, als Dr. Ferdinand niedergeschlagen und gedankenverloren seinen Platz einnahm. Er schob den Haufen mit den Röntgentüten auf dem Tisch zurück und das Körbchen zur Seite, als die Schwester sagte, dass das Körbchen ein Geschenk der Patientin sei, die sich bei ihm für die gute Behandlung bedanken wolle. Er sah die alte Frau auf dem Schemel an, die ihm die rechte Hand mit der verheilten Speichenfraktur entgegenstreckte. Bei ihm im Kopf war noch die junge Frau mit dem abgeschnittenen Arm, wie sie den Gipsraum verließ und kein Wort sagte. Er zuckte mit den Lippen beim stummen Aufsagen ihrer Worte: "Damals war der Tumor bösartig, jetzt ist es das Leben.", als er auf die vorgestreckte Hand der alten Frau mit der leichten Bajonettstellung des Handgelenkes sah, sie die Hand und Finger bewegen und den Faustschluss machen ließ und die Röntgenkontrolle betrachtete. Die Fraktur war abgeheilt, und die alte Frau war zufrieden, dass sie ihre Hand wieder zur Hausarbeit gebrauchen konnte. Dafür wollte sie sich bei dem Arzt bedanken, der an ihr die gute Arbeit gemacht hatte. Als Zeichen der Anerkennung hatte sie ihm das kleine Bastkörbchen gebracht. Es war spät geworden, als er das Hospital verließ. Der blutrote Sonnenball war zur Hälfte hinter dem Horizont versunken und zog die obere Hälfte in wenigen Minuten nach. Am Himmel lag die Abendglut, die mit dem Versinken des Feuerballs verlöschte. Es war ein arbeitsreicher Tag, an dem operiert und viele Patienten gesichtet und behandelt wurden. Was hatte es denn mit dem Guten und dem Schlechten auf sich? Es hämmerte in seinem Kopf, weil er das Gute vom Schlechten zwar unterscheiden konnte, wie das Gute vom Bösen, weil er aber beim Schlechten steckenblieb, das Schlechte zum Bösen und das Böse zum Schlechten steckte. Er überquerte den versandeten Vorplatz vor dem Neubau der städtischen Verwaltung, sah an den noch verbliebenen Bäumen auf, in denen die Vögel ihre Gesänge zum Abend sangen und polyphon dazwischenzwitscherten, als ihm der Unterschied klar wurde, dass im Bösen der Denkansatz schon böse ist, das Böse zu tun, während beim Schlechten das Resultat der Tat schlecht ist, wogegen der Denkansatz zur Tat mit dem schlechten Resultat durchaus gut und edel gewesen sein konnte. Die Suche nach der Unterscheidung war es, die in seinem Kopf unentwegt hämmerte.

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Schlagwörter

Das-Leben-mit-nur-einem-Arm, Die-seelische-Erschütterung, Vom-bösartigen-Tumor-zum-bösartigen-Leben, Armamputation, Guter-oder-schlechter-Arzt, Mädchen-mit-Knochensarkom